LESEZEICHEN :

Lob der Stoffwechselerkrankung

Einkaufen an sich ist ja kein Problem: Obst und Gemüse vom Wochenmarkt, Milch, Käse, Saft und Schokolade beim Discounter, Brot und Brötchen beim Bäcker von nebenan. Schwierig allerdings wird es beim Kauf einer neuen Hose oder eines Jacketts. Den Kauf eines Jacketts etwa schiebe ich immer lange vor mir her. Und wenn es sich schließlich nicht länger aufschieben lässt, dann ziehe ich etwas unwillig los und breche die Aktion meist schon nach der zweiten Anprobe ab. Die Gründe hierfür sind zahlreich.
Erstens: Ich brauche ja nur ein neues Jackett. Warum also muss ich 11 Jacketts anziehen, um schließlich festzustellen, dass keines das richtige ist? Zu groß, zu konservativ, zu viele Taschen, zu klein, zu modern, zu lang, zu wenige Taschen, zu blass, zu billig, zu teuer, zu unpassend. Ich bin nicht wählerisch. Aber warum hängen in den Läden dermaßen viele Jacketts, die ich nicht haben möchte?
Zweitens: Anproben sind umständlich. Selbst bei Jacketts. Zugegeben: die vollgestopften Plastiktüten mit meinen Wochenendeinkäufen hätte ich besser vorher nach Hause gebracht. Jetzt stehen sie irgendwo zwischen den Tischen voller Hemden und Pullover. Und wenn ich zum nächsten Drehständer mit den Jacketts aufbreche, müssen die schweren Tüten natürlich mit und Schal und Mantel auch.
Drittens: Verkäufer oder Verkäuferinnen scheinen immer genau in dem Moment den Laden fluchtartig zu verlassen, sobald ich ihn betrete. Es ist schlimmer als im Baumarkt. Beratung: Fehlanzeige.
Viertens schließlich: Ich bin entnervt. Denn Lust, mir ein neues Jackett zu kaufen, hatte ich zu keiner Zeit. Und zuhause kommt der Ärger über die verplemperte Zeit dazu. Und der Unmut darüber, dass in absehbarer Zeit die gleiche Tortur wieder ansteht.

Schlimmer, als alleine einzukaufen, ist nur, eine Frau beim Einkauf zu begleiten. Allein schon deshalb, weil sich auch bei angestrengtestem Nachdenken das Rätsel nicht lösen lässt, warum Frauen einkaufen, ohne etwas zu brauchen. Nicht nur freiwillig, sondern leidenschaftlich. Ich habe es aufgegeben nach einer Antwort zu suchen. Stattdessen folge ich nun dem versteckten Rat meiner Tochter: „Du hast ja keine Ahnung, Papa. Frauen sind stoffwechselkrank. Sie müssen einkaufen!“ Richtig. Gefühlte 99% aller Kunden in Boutiquen und Bekleidungsgeschäften sind weiblich. Frauen müssen einkaufen. Sie unterliegen ganz offensichtlich einem genetisch bedingten Kaufzwang, den sie im Idealfall nur durch ihren guten Geschmack rechtfertigen können.
Um wie viel leichter also fällt die Suche nach einem Jackett in weiblicher Begleitung. Geduldig, ausdauernd und unermüdlich empfiehlt meine Bekannte mir ein Jackett nach dem anderen. Diesen Laden könne man ganz vergessen. Sie kenne da noch eine schicke Boutique in einer Seitenstraße, wo wir bestimmt fündig würden. Sie hat die Einkaufstaschen im Blick und hält auch schon mal Mantel und Schal. Jeder Geschäftsführer freut sich über einen Kunden mit einer solchen Begleitung. Er spart das Verkaufspersonal.
Wir sind Stunden unterwegs. Während sich bei mir erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar machen, scheint meine Begleiterin erst jetzt, nach sechs Geschäften (oder waren es sieben? Oder acht?), richtig in Fahrt zu kommen. Je mehr Jacketts ich anprobiere, umso überzeugter ist sie, dass ich ein echter „Jackett-Typ“ sei und auch mal etwas ganz ausgefallenes tragen könne. Ihr überzeugter und überzeugender Zuspruch zusammen mit meinem völligen Erschöpfungszustand führen schließlich, kurz vor Geschäftsschluss und Einbruch der Dunkelheit, zum Kauf eines bei Lichte betrachtet ordinären Jacketts, das ich Wochen zuvor bereits als völlig unpassend wieder auf den Bügel getan hatte.
Ich denke, dass das Jackett zeitlos ist. Jedenfalls werde ich es mit besonderer Sorgfalt behandeln, um einen Neukauf in möglichst weite Ferne zu rücken.

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Bei Tod Reset-Taste drücken

Was hat der Computer nicht schon alles verdrängt: Schreibmaschinen sind nur noch im Museum zu finden, Bibliotheken werden durch das Internet ersetzt und Haustiere sind heute aus Plastik, vollgestopft mit Elektronik und Computerchips. Sie heißen nicht mehr Hoppel, Muschi oder Waldi, sondern Tamagotchi, Furby und Pleo.
Als Mitte der 90er Jahre das Tamagotchi-Fieber ausbrach, hatte beinahe jedes Kind dieses Eigroße virtuelle Küken, um das man sich vom Zeitpunkt des Schlüpfens an wie um ein echtes Haustier kümmern musste. Das Tamagotchi meldete sich, wenn es gefüttert werden musste oder Zuneigung brauchte. Hatte man das Tamagotchi zu lange vernachlässigt starb es erbarmungslos. Im Internet fanden sich bald virtuelle Tamagotchi-Friedhöfe. Erst die Reset-Taste machte eine Wiederbelebung möglich. Die spielversessenen Japaner landeten mit dieser Entwicklung einen riesigen Verkaufsschlager.
Wenige Jahre später kam Furby auf den Markt. Furby sah aus wie Gizmo von den Gremlins und war eine liebenswerte Mischung aus Katze und Fledermaus. Furby war ein echtes Plüschtier, vollgestopft mit Sensoren. Furby konnte unterscheiden, ob es gekitzelt oder gestreichelt wird, ob man mit ihm spricht oder es in der Luft bewegt. Auch Furby brauchte Zuwendung um sich zu entwickeln. Zur Belohnung erweiterte sich sein Wortschatz. Bei Vernachlässigung wurde Furby zwar krank, überlebte aber jede auch noch so brachiale Behandlung. Ein Spielspaß also auch für Sadisten.
Tamagotchi, Furby: Alles Schnickschnack. Kein wirklicher Haustier- und Kuschelersatz.
Die neueste Generation virtueller Haustiere hört auf den Namen „Pleo“. Pleo wird bereits als das intelligenteste Spielzeug aller Zeiten gepriesen und beworben. Seine Entwickler haben dem dinosaurierartigen Haustier ein riesiges Arsenal an Mikrochips, Kameras, Sensoren und Motoren unter die Kunststoffhaut gepflanzt, damit es sehen, hören, fühlen, sprechen und - in Grenzen – sogar denken kann. Ziel bei der Entwicklung und Herstellung von Pleo sei es, so der technische Direktor der Herstellerfirma, „Pleo so lebendig zu machen, dass Menschen eine Beziehung zu ihm aufbauen können."
Das hatten wir uns doch eigentlich schon immer gewünscht: eine Beziehung zu Dingen aufzubauen, die sich nicht wehren können. Eine unverbindliche Beziehung gewissermaßen. Hier scheint die technologische Entwicklung endlich einmal die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. Bei all den Beziehungswracks die durch unser Leben laufen und uns den Glauben an die Menschheit rauben, passt ein Haustier à la Pleo als therapeutischer Zeitvertreib doch besser als jedes Partnervermittlungsinstitut.
Der rund 400 Euro teure Partner hört aufs Wort und ist nach einstündiger Aktivität bereits dermaßen erschöpft, dass er an die Steckdose muss. Dem Gestaltungswillen des Besitzers stehen schier grenzenlose Möglichkeiten offen. Ausgestattet mit USB- und Infrarotschnittstellen und einer SD-Speicherkarte lässt sich Pleo übers Internet programmieren. Was für ein Traum! Ein Partner mit Speicherkarte, dessen Upload-Code nur ich kenne. Ein Homunkulus für zwischendurch. Einfach süß.
Im Land der unbegrenzten und wahnsinnigen Möglichkeiten sind bereits Passanten mit dem neuen Haustier in öffentlichen Parkanlagen gesichtet worden. Man trifft sich zum Erfahrungsaustausch, wobei sich die niedlichen Roboter gegenseitig beschnuppern. Schreie des Entzückens wechseln bei solchen Treffen mit Tönen ab, die man sonst nur beim Blick in den Kinderwagen hört.
Ob Kinder- und Elterngeld ausreichen, um der virtuellen Konkurrenz zu begegnen, bleibt abzuwarten.

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Hands up!

Es kommt ja eher selten vor, dass wir aufgefordert werden, die Hände zu heben. Ich jedenfalls erinnere mich nicht, dass ich in den letzten Jahren dem ultimativen Kommando „Hände hoch!“ hätte Folge leisten müssen. Überhaupt ist das ja in unseren Breitengraden nicht unbedingt die gängige Form miteinander umzugehen. Wenn wir die Hände heben, dann höchstens im Karneval und dann, bitteschön, „zum Himmel“. Bei Abstimmungen heben wir die Hände und auch mal um auf uns aufmerksam zu machen: „Ich hab‘ da mal 'ne Frage.“
Andere stecken ihre Hände lieber in die Hosentaschen, wie Altkanzler Schröder. Der hatte ja bekanntlich eine ruhige Hand, wobei nicht überliefert ist, ob es die linke oder die rechte war. Manchen sind die Hände gebunden, viele machen sich die Hände nicht schmutzig und andere haben ihre Hände überall mit drin.
Heutzutage gibt man die Hände frei. So, als seien sie vorher in Handschellen gewesen. „SPD-Spitze gibt Ypsilanti freie Hand in Hessen“ und „Frau Merkel gibt von Beust freie Hand für Schwarz-Grün“. Was die Zeitungen in der vergangenen Woche titelten klingt wie der Beginn einer neuen Bewegung: Freie Hände für freie Politiker. Weil nur wer die Hände frei hat, kann selbst bestimmen mit wem er schließlich Händchen hält. Ob die Parteispitzen damit aber weiter ihre Hände über die Koalitionsentscheidungen der Länder halten ist fraglich. Den koalitionären Handschlag haben jetzt die Landespolitiker allein zu verantworten.
Aber, Hand aufs Herz: Wen interessiert das überhaupt? Während immer noch und immer mehr Menschen von der Hand in den Mund leben - trotz sinkender Arbeitslosenzahlen - schaffen andere, unter der Hand, ein Vermögen am deutschen Fiskus vorbei nach Liechtenstein. Manch einen würde ich schon mal gerne mit vorgehaltener Waffe stellen und „Hände hoch!“ fordern, dass ihm die Geldbündel aus den Sakkotaschen fallen. Weniger des Geldes wegen, als vielmehr um solch lichtscheuen Gestalten einen nachhaltigen Schrecken zu versetzen. Aber warum sollte ich mir mit einem so kleinen Verbrechen die Hände schmutzig machen?
Wir werden also weitere Verhaftungen erleben und später Prozessen folgen, deren Urteile uns vermutlich nicht zufriedenstellen werden. So wie schon in der Vergangenheit. Statt „Hände hoch!“ wird es also „Geld her!“ heißen.
Manche werden sich jetzt die Hände reiben und mit Genugtuung den Sturz einzelner „Leistungsträger“ beklatschen, unnachgiebige Härte fordern und nach harten Strafen rufen. Andere stellen ganz lakonisch fest, dass Steuersünder dem zweitältesten Gewerbe der Welt nachgehen und man auch in Zukunft fest mit ihnen zu rechnen hat. Klingt irgendwie realistisch.
Ich jedenfalls habe noch alle Hände voll zu tun, bevor ich in die Verlegenheit komme, mir überhaupt ernsthaft Gedanken darüber zu machen, ob ich meine Steuern nun besser in Liechtenstein, Monaco oder auf den Kaiman-Inseln hinterziehen soll. Derweil lebe ich von meiner Hände Arbeit. Und freue mich über jede aufmunternde Kritik. Das ist schließlich immer noch besser, als in die hohle Hand geschissen.

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Welt verbessern war gestern...

Also gefloppt! Zwar waren die Plakate für den Auftritt nicht ganz so groß, wie die für Tayyip Erdogan, dafür aber hingen sie an wirklich jeder Straßenecke, unübersehbar: „Bruce – die Stylingshow“. Der Mann will Frau zu größerem Selbstbewusstsein und zu einem besseren Aussehen verhelfen. Jetzt wird bekannt, dass die Show Ende März ausläuft, weil die Quote deutlich unter den Erwartungen blieb. Schade eigentlich. Nach dem Motto „Die Welt können wir nicht verbessern, wohl aber unser Aussehen“, führte der nette Therapeut zum Anfassen und Ausheulen die weibliche Provinz auf den Laufsteg und die Landpomeranze vor dem heimischen Bildschirm zu Modelhoffnungen. Sechs Jahre Erfahrung als US-Fallschirmspringer werden dem 50jährigen Darnell bei seinem plötzlichen Sturz nun hoffentlich nützlich sein.
Die ARD hat bereits Anfang Februar mit den Dreharbeiten für eine neue Vorabendshow begonnen. Und gibt damit Singles, wie es heißt, „eine Chance“. Titel der Kuppel-Show: „Ich weiß, wer gut für Dich ist“. 42 Folgen sollen ab Ende März über die Mattscheiben flimmern. Beziehung läuft immer. Besonders dann, wenn man keine hat. Und bekanntlich wissen doch gerade Singles ganz genau, was eine gute Beziehung ausmacht, wie sie funktioniert und was sie dauerhaft erfolgreich macht – theoretisch zumindest. Denn über Beziehungen reden eigentlich nur Singles. Verheiratete Menschen oder solche, die in langjährigen Partnerschaften leben, verlieren selten ein Wort darüber. Es ist wie beim Geld: nur wer keins hat, redet ständig darüber.
Neulich erzählte mir ein Bekannter - geschieden, zwei Kinder und ganz offensichtlich noch von der Wunde der Trennung gezeichnet -, dass er die Bezeichnung „Beziehung“ für das Verhältnis zwischen Mann und Frau unpassend fände und ablehne. Eine „Beziehung“ habe man zu seinem Auto, zu seinem Beruf oder seiner Sukkulentensammlung auf der Fensterbank. Die inflationäre Verwendung des Begriffs „Beziehung“ verbiete es, ihn auf ein Liebesverhältnis anzuwenden.
Enttäuschungen, Verletzungen und ein unfreiwilliges Singleleben zeitigen manchmal befremdende Auswüchse…
Ich hörte ihm etwas verständnislos zu. Seine Versuche mir den Unterschied zwischen einem Liebesverhältnis und einer Beziehung zu erklären, waren ausgesprochen wirr. Und als ich ihm gestand, dass ich eine gute Beziehung einem schlechten Verhältnis vorzöge, blickte er mich nur traurig an. Es war ganz offensichtlich: er hatte keine „Beziehung“.

Seit einigen Wochen ist mein Bekannter nur schwer zu erreichen. Zuhause ist er selten, und auch ans Telefon geht er nicht mehr. Grund: er hat eine Freundin. Mit dem Reden über Beziehungen ist es vorbei. Naja, frisch Verliebte sind ja sowieso nicht ansprechbar. Und vermutlich würde er mich nur verständnislos angucken, wenn ich ihn fragen würde, ob er nun ein Verhältnis oder eine Beziehung hat.
Reden lässt sich im Grunde genommen doch nur über Dinge, die nicht in Ordnung sind, über Mängel und Defizite, über Probleme und Unzulänglichkeiten. Ein verliebtes Paar: wie langweilig. Eine intakte Ehe: selten, aber uninteressant.
Und so ist das erklärte Ziel der neuen Dating-Show denn auch das „Ende des Single-Daseins“. Das Happy End, mit dem noch jede Schnulze endet.

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Bitte legen Sie nicht auf! oder „Servicewüste“

I.

Es war ein Fehler gewesen, aufs Land zu ziehen. Nicht der Natur und der guten Luft wegen. Auch die ausgedehnten Fahrradtouren durch die Voreifel, die entspannten Waldläufe und die Sommernachmittage an versteckten Naturseen möchte ich nicht missen. Nein, das war schon in Ordnung. Die Jahreszeiten waren dort draußen noch wirkliche Jahreszeiten mit Hitze, Kälte, Frost und Sturm. Und ich genoss die Ruhe und Beschaulichkeit bei meinen ausgedehnten Spaziergängen durch die weiten Felder, die sich an klaren Herbstnachmittagen bis zum Horizont zu dehnen schienen.
Trotzdem: es war ein Fehler gewesen, aufs Land zu ziehen.
Angefangen hat alles damit, dass ich mit meinem Handy keinen Empfang bekam. Entweder zeigte sich auf dem Display überhaupt kein Balken für die Empfangsstärke oder aber der Empfang brach unvermittelt während des Gespräches ab. Mit der Zeit hatte ich jene Stellen in meiner Wohnung ausfindig gemacht, in denen es zumindest einen schwachen Empfang gab. Leider befanden sich die Stellen jedoch an eher unbequemen Orten in der Wohnung: in der hinteren Ecke des Schlafzimmers etwa und auch dort nur in Bodenhöhe, was bedeutete, im Liegen zu telefonieren. Oder ich musste mich auf die Toilette begeben, wo ich mich dann zuweilen auf dem Klodeckel sitzend wiederfand, den Netzempfangsbalken während des Gesprächs immer scharf im Blick und blitzschnell die Position verändernd, sobald der Balken zu verschwinden drohte.
Besonders unangenehm war es dann, wenn ich den Kundenservice der Telekom anrufen wollte. Wenn ich, was ausnahmsweise vorkam, tatsächlich einmal einen Mitarbeiter des Kundencenters in der Leitung hatte, schrumpfte der Balken auf meinem Handydisplay langsam aber unerbittlich zusammen, bis die Verbindung endgültig zusammenbrach. Dabei hatte ich mich extra flach auf den Boden gelegt, dicht an den Kleiderschrank gedrückt und nur langsam und vorsichtig geatmet, damit ich die Staubflocken, die ich jetzt unter meinem Bett entdeckte nicht aufwirbelte und wohlmöglich beim Einatmen noch ersticken würde.
Meinen Festnetzanschluss konnte ich ja bereits seit Wochen nicht mehr benutzen, weil mir die Telekom nach dem Anschluss eines kabellosen Internetanschlusses, meinen Telefonanschluss gesperrt hatte. Die Gründe dafür lagen für mich lange Zeit im Dunkeln. Mit dem Anschluss der kabellosen Internetverbindung hatte ich eine Flatrate gewählt. D.h. telefonieren und surfen rund um die Uhr zu einem festen und durchaus attraktiven Preis. Ich war begeistert. Nicht so sehr wegen der Flatrate, sondern wegen der Möglichkeit nun endlich ohne Kabelsalat ins Internet gehen zu können. Das Vergnügen mich mit meinem Labtop frei in der Wohnung bewegen zu können, vom Sofa aus Emails zu verschicken oder in der Badewanne mit Freunden zu chatten, auf dem Balkon zu sitzen und mir die Webcams von Bangkok oder Dubai anzuschauen, hatte mir die Telekom in Aussicht gestellt und – es funktionierte. Wenn mich hier draußen schon niemand besuchen kam, stand mir nun wenigstens das Internet als Tor zur Welt offen.
Meine Begeisterung bekam einen ersten Dämpfer, als die Rechnung der Telekom über 192,41 Euro im Briefkasten lag. Dass der Betrag wegen des Neuanschlusses höher ausfallen würde als gewöhnlich, hatte ich erwartet. Aber, bitteschön, nicht so hoch, nicht knapp 200 Euro! Die Summe setzte sich zum größten Teil, das konnte ich dem mehrseitigen Rechnungsausdruck entnehmen, aus den 6277 Minuten zusammen, die ich in den vergangenen vier Wochen im Internet zugebracht haben sollte. Ich konnte das nicht prüfen. Und warum sollte ich auch. Ich hatte doch eine Flatrate. Da sollte es doch egal sein, ob ich sechs oder 6000 Minuten online war. Jedenfalls stimmte die Rechnung nicht.
Und so kam also der Tag, an dem ich das erste Mal telefonischen Kontakt mit dem Service-Personal der Deutschen Telekom aufnahm – ahnungslos ob der Dinge, die mich in den kommenden Wochen und Monaten erwarten sollten und darum noch voller Optimismus und Zuversicht.

II.

„Warteschleife“, das klingt irgendwie freundlich, nach spannender Verpackung und schmucker Dekoration. In Wahrheit klingt eine Warteschleife natürlich anders: „Sie werden gleich bedient!“, „Der nächste freie Mitarbeiter ist für Sie reserviert.“, „Wenn Sie Fragen zu Ihrer Rechnung haben, dann drücken Sie bitte die Eins. Bei allen anderen Fragen, drücken Sie bitte die Sechs!“ oder auch „Die Verbindung wird gehalten.“ Eine Warteschleife ist also alles andere als schmuck und spannend. In Wahrheit ist eine Warteschleife nämlich nichts anderes als eine der entwürdigendsten Formen Menschen zu behandeln: sie ist ignorant, arrogant und sie nutzt auf schamloseste Weise die Ohnmacht und Hilflosigkeit des Anrufers aus. Sie ist, kurz gesagt, die anonymisierte Machtdemonstration von Unternehmen und Konzernen. Und das alles unter dem Deckmäntelchen von allzeit bereitem Kundenservice. Was vermeintlich freundlich daherkommt (siehe oben), entpuppt sich nach wenigen Minuten als erniedrigende Geduldsprobe. Man könnte genauso gut von einem „Wartestrick“ sprechen, einem Strick, an dem man erbarmungslos aufgeknöpft wird.
Bei der überhöhten Rechnung, derentwegen ich die Servicenummer der Telekom gewählt hatte, handelte es sich, davon war ich zu diesem Zeitpunkt noch unerschütterlich überzeugt, weil es eben zu offensichtlich war, um einen Irrtum, einfach um einen kleinen menschlichen Fehler, wie er tagtäglich und überall passiert und wie er genauso tagtäglich und überall korrigiert oder behoben wird, vielleicht mit einer freundlichen Entschuldigung versehen und darum eigentlich kaum der Rede wert.
Nett, die Servicenummer war kostenfrei. Am anderen Ende der Leitung ein metallisches Geklimper, eine Melodie wie aus einem Spielautomaten. Dann endlich eine Stimme: „Guten Tag! Bitte legen Sie nicht auf. Der nächste freie Mitarbeiter ist gleich für Sie da!“ Nach rund fünf Minuten und der zum zwanzigsten Mal wiederholten Ansage, die nur von dem metallischen Gedudel unterbrochen wurde – ich hatte den Hörer mittlerweile zwischen Ohr und Schulter geklemmt und stand in der Küche, um mir einen Kaffee aufzuschütten – war wohl auch der „nächste freie Mitarbeiter“ in die Kaffeepause gegangen: „Zurzeit sind alle Mitarbeiter im Gespräch (miteinander??). Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.“ Dann erklang das Besetztzeichen.
Ich machte einen zweiten Versuch. Aber das Ergebnis war das gleiche: Gedudel, Ansage, Warten, Gedudel, Besetztzeichen. Auch drei weitere Versuche in halbstündigem Abstand blieben erfolglos.
Nicht, dass ich ein ausgesprochen ungeduldiger Zeitgenosse bin. Aber ich verspürte plötzlich doch eine gewisse Reizbarkeit. Eine gute Stunde hatte ich mir um die Ohren geschlagen und es war jetzt ganz deutlich, dass es keine wirklich gute Stunde gewesen war.

III.

Die wahre Tiefe eines Abgrunds ermisst nur, wer auf dessen Boden angekommen ist. Bis dorthin war es allerdings noch ein beträchtlicher Weg.
Das entnervende Prozedere – Warteschleife, Besetzzeichen, Nummer drücken, Gedudel… - setzte sich bei T-Online fort. Und dann erfuhr ich – ich hatte bereits so eine vage Vorahnung gehabt -, dass nicht T-Online, sondern „natürlich“ die Telekom zuständig sei. „Moooment!!“ Ich holte tief Luft, nahm Anlauf und machte mich bereit zum Angriff: „SIE verbinden mich jetzt. Auf der Stelle! Wenn offenbar niemand zuständig ist, dann sind SIE jetzt zuständig!“
Ich wartete auf eine Reaktion. Keine Antwort. „Hallo! Sind Sie noch da? Hören Sie mich?“ – „Ich höre Sie. Laut und deutlich. Aber offenbar haben Sie nicht gehört, was ich Ihnen gerade gesagt habe: Für Ihr Anliegen ist die Telekom zuständig!“ In der betont ruhigen Stimme am anderen Ende der Leitung schwang die Überheblichkeit der Unnahbarkeit. Wie viele Anrufer mochte die junge Frau (oder trog Ihre Stimme, und sie war in Wahrheit bereits alt, hässlich und roch nach Zwiebeln und Kölnisch Wasser) auf diese Weise schon abgekanzelt haben? Ich hätte sie am liebsten durch den Hörer gezogen und geschüttelt, bis ihr ihr schlecht platziertes Haarteil um die Ohren geflogen wäre!
Ich hatte den Boden des Abgrunds noch nicht erreicht.
Wozu richtet man einen Telefonservice ein, wenn er dem Kunden keinen Nutzen bringt? Wozu sitzen Menschen an den Serviceleitungen, die einem nicht helfen können? Ist vielleicht das Telefon selbst das Problem? So blieb also nur der Weg über die Post. Ein deutlicher Brief, in dem ich meinem Unmut Luft machte und um die Korrektur der falschen Abrechnung bat, ging noch am gleichen Tag sowohl an die Telekom, als auch an T-Online. Sicher ist sicher!
Nach rund zwei Wochen erreichte mich das Schreiben einer Anwaltskanzlei aus Heidelberg. Man sei von der Telekom beauftragt, die offene Rechnung in Höhe von 192,41 Euro einzufordern. Dazu kämen Mahn- und Säumnisgebühren, Anwaltskosten und Auslagen in Höhe 47,87 Euro. – Abgrund, ich komme!!
Mittlerweise war mein Telefonanschluss gesperrt worden. Ich erfuhr tatsächlich bei einem meiner zahllosen weiteren Anrufe (meist in unbequemer Position zwischen Kleiderschrank und Bett liegend – die Empfangsstärke meines Handys zwang mich zu immer akrobatischeren Verrenkungen), dass mein Zugang zum Internet allerdings keineswegs gesperrt sei. Eine hilfreiche Information! Nachdem ich den Anwalt schriftlich darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass der Fehler bei der Telekom oder bei T-Online läge (ich war mir da nicht mehr ganz sicher) und er sich also bitte mit seiner Klientin in Verbindung setzen solle, hagelte es in den kommenden Monaten Rechnungen, die sich in exorbitante Höhen steigerten. Meine Briefe an Telekom und T-Online allerdings wurden artig beantwortet. Man entschuldigte sich wortkarg für die falsche Rechnungsstellung und sicherte zu, mit der nächsten Rechnung nur die Flatrate und nicht die vertelefonierten bzw. versurften Minuten zu berechnet. Eine Gutschrift würde selbstverständlich erfolgen.
Wenn man den Abgrund erst einmal geküsst hat, gibt man sich keinen Illusionen mehr hin. Und die Vokabel „Hoffnung“ ist in die Enzyklopädie der untergegangenen Wörter eingegangen.
Immerhin wurde mein Telefonanschluss nach kurzen drei Monaten wieder freigeschaltet. Dann erreichte mich eine letzte Rechnung über Neunhundertsiebenundachtzig Euro und sechsundsechzig Cent. Ein echtes Schnäppchen!
Ein Anruf bei der Telekom kam nun nicht mehr in Frage. Denn mittlerweile hatte ich eine chronische Kontaktallergie, die sich als juckende Pusteln auf Händen und Gesicht äußerte, sobald ich den Telefonhörer in die Hand nahm. Anrufe nahm ich schon lange keine mehr entgehen. Das Klingeln führte bereits seit Wochen zu Krämpfen, die sich schließlich in einer medizinisch bis dahin noch unbekannten Psychose manifestierten.
Eine Besserung meines Zustandes stellte sich nur langsam ein. Gutmeinende Freunde haben mir eine Trommel geschenkt. Deren Reichweite zur Kontaktaufnahme bleibt jedoch ausgesprochen begrenzt.
Heute schreibe ich öfters Briefe oder ich überrasche Freunde mit meinem Besuch. Und wenn wir dann in gemütlicher Runde zusammensitzen und erzählen, genügt meist schon ein kurzer Blick von mir zum Telefon. Dann steht jemand auf und zieht wortlos den Stecker aus der Wand.

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Einige Bemerkungen über ganz viel frommen Sex

In der vergangenen Woche machte der neu gewählte Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch mit der Bemerkung, dass eine Verbindung von Priesteramt und Ehelosigkeit „nicht theologisch notwendig sei“ von sich reden. Er sprach sich deutlich gegen „Denkverbote“ beim Thema Zölibat aus.
Nun kann ein sexuell enthaltsamer 69jähriger Bischof gut und generös von der freien Liebe der Priester sprechen. Wir vermuten mit einigem Recht, dass das Thema für ihn persönlich und seine Lebensumstände nicht mehr von großer praktischer Relevanz ist. Einem dreißig Jahre jüngerer Amtsinhaber hingegen hätte man da schon eher persönliche Motive unterstellen können. Was ja auch nicht verwerflich ist.
Immerhin ist das Thema Sexualität in den vergangenen Jahren innerhalb der katholischen Kirche mehr diskutiert als praktiziert worden – sieht man von den bekanntgewordenen Fällen sexueller Übergriffe jener Priester ab, die zuerst ihre Macht- und Autoritätsfunktion innerhalb der Gemeinde und dann zahlreiche Kinder missbraucht haben. Ebenso unselig ist auch die endlose und unfruchtbare Diskussion über den Gebrauch bzw. den Nichtgebrauch von Kondomen. Es kommt einem zuweilen vor, als redeten Beduinen von der Seefahrt.
Darum erfrischt die Nachricht, die uns aus Amerika erreicht. Dort hat Pfarrer Paul Wirth, seines Zeichens Oberhirte der Relevant Church in Florida, einen Leitfaden zu emotionalen und praktischen Fragen der Partnerschaft vorbereitet, worin er seine verheirateten Gemeindemitglieder auffordert an jedem Tag in den kommenden vier Wochen Sex zu haben. Grund für diesen ungewöhnlichen Aufruf sei, so der Geistliche, die „Welle von Scheidungen“, die zeige, „dass die Bedürfnisse, die zu einem erfüllten Sexualleben führen, im Alltag zu kurz kommen.“
Ob das nun dazu führt, dass Ehemänner verstärkt zur Beichte gehen, weil Sie (dem letzten Entscheidungskampf der lokalen Football-Mannschaft, den sie gemeinsam mit Freunden in der Eckkneipe verfolgt haben, sei es geschuldet) sich nicht an die neuen strikten Vorgaben ihres Oberhirten gehalten und also ihren ehelichen Pflichten nicht nachgekommen sind – weder vor, geschweige denn nach dem Spiel – bleibt abzuwarten. „Herr, ich habe gesündigt: ich hatte gestern keinen Sex mit meiner Frau.“
Hierzulande sieht die Welt nicht viel anders aus. Die Scheidungsraten steigen, in deutschen Schlafzimmern herrscht „ tote Hose“ und dann werden wir auch noch immer dicker und dümmer. Man schlägt uns, als bayerische Einzelmeinung, zeitlich befristete Ehen vor, gewissermaßen auf Probe, lässt sich von mehrfach geschiedenen Ministern vertreten und vor Zeiten auch von einem mehrfach geschiedenen lupenreinen Kanzler, man hat Oswald Kolle wiederentdeckt und kokettiert gleichzeitig in bestimmten Kreisen mit einer neuen Prüderie.
Die Ratschläge für erfolgreiche Ehen, ein glückliches Familienleben und sinkende Scheidungszahlen werden immer gerne gehört – wenn auch nicht immer verfolgt. Besonders dann, wenn man Zweifel an der Autorität und Glaubwürdigkeit der Ratgeber hat.
Paul Wirth aus Florida gibt zu seinen eigenen Praktiken keine näheren Informationen. Allerdings ist er Protestant und damit von der Bürde des Zölibats befreit. Nur soviel: "Wir sind der Meinung, dass die Kirche viel zu lange zu diesem Thema geschwiegen und Leute zu der Annahme verleitet hat, Gott sei gegen Sex - was den Aussagen der Bibel widerspricht." Offenbar hält das Buch der Bücher hier also noch einige Überraschungen bereit. Ob die Bibel allerdings demnächst in Sexshops ausliegen wird, darüber ist noch nichts bekannt.

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Operation: Deutschland verdumme!

Die genauen Hintergründe der Vorgänge vom Februar 1983 sind nicht bekannt. Auch streiten sich Experten über den genauen Tag, an dem das Treffen hochrangiger Politiker, Medienunternehmer und Manager stattgefunden haben soll. Manche sprechen vom 10. andere vom 14. oder 15. Februar. Einigkeit hingegen besteht darüber, dass die konspirative Zusammenkunft unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand und unter dem Namen „Operation: Deutschland verdumme!“ in die Geschichtsbücher der Bundesrepublik Deutschland eingegangen ist. Rund zwanzig der einflussreichsten Köpfe der damaligen Republik schmiedeten einen Masterplan, der vorsah, mit der Einführung des Privatfernsehens ein neues Lenkungsinstrument zur wirtschaftlichen Gewinnmaximierung zu installieren.
Unter dem Motto „Deutschland verdumme!“ machten sich die Teilnehmer der Runde Gedanken darüber, welche gesellschaftlichen Grundlagen geschaffen werden müssten, um Menschen dazu zu bringen, überflüssige Produkte zu kaufen. Die Öffnung des privaten Fernsehmarktes böte hier, so die einhellige Meinung, ein ideales Mittel, um Konsumenten in einen Zustand latenter Unmündigkeit zu versetzen, ihnen gleichzeitig aber das Gefühl zu vermitteln, die eigentlichen Herrscher des Marktes zu sein und also volle Kontrolle zu besitzen. Dies würde vor allem durch Sendungen erreicht, die den Konsumenten zum vermeintlichen Star machten. Die Möglichkeit, sich in selbstentblödender Form im Fernsehen einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen, schmeichle niederer Geltungssucht und Eitelkeit. Die Abschaffung des Sendeschlusses und die Einführung des 24-Stunden-Programms, seien geeignet, Menschen mit steuerbaren Bedürfnissen zu schaffen.
Man einigte sich schnell darüber, dass es nicht darum gehen könne, den Wettbewerb zu reglementieren. Vielmehr verfolgte man mit der geplanten Liberalisierung des Fernsehmarktes einen größeren, einen intensiveren, einen hemmungs- und schonungsloseren Wettbewerb. Es war also durchaus gewollt, eine wachsende Konkurrenz zwischen den einzelnen Sendern sich entwickeln zu lassen. Der Kampf um Einschaltquoten sollte, so der ambitionierte Plan, immer schrillere, absurdere und niveaulosere Formate ausscheiden. Die Gerichts-, Talk- und Kochshows, die marktschreierischen, exhibitionistischen Partnertausch-, Partnersuch- und Partnerentsorgungssendungen, an deren Konzeption bereits vor der endgültigen Einführung des Privatfernsehens intensiv gearbeitet wurde und die unbedingt am frühen Nachmittag auszustrahlen wären, sollten die Pausen zwischen den Werbeblöcken füllen. Was nicht bedeuten müsste, dass die Werbung besser würde.
Man wollte das Private öffentlich machen, das Geschmacklose gesellschaftsfähig und das Oberflächliche zur Richtschnur allgemeiner Wahrnehmung.
Das alles soll sich vor 25 Jahren ereignet haben. Minutiös geplant, pragmatisch etabliert und wie selbstverständlich angenommen – so war die Chronologie des Projekts, wie wir heute wissen, ein uneingeschränkter Erfolg.

Zwar gibt es immer wieder Kritiker, die behaupten, dass die Operation „Deutschland verdumme!“ zu keiner Zeit von irgendjemandem ausgerufen worden sei, weder von Unternehmern, noch von Medienmächtigen, geschweige denn von Politikern. Kritiker, die behaupten, dass es ein Spitzentreffen im Februar 1983, ein Jahr vor der offiziellen Einführung des Privatfernsehens in Deutschland, überhaupt nicht gegeben habe und es sich dabei um reine Verschwörungstheorien handle, führen gerne ins Feld, dass die augenblickliche Bildungsoffensive der Bundesregierung der beste Beweis dafür sei.
Das ist nicht richtig. Denn ohne die Operation „Deutschland verdumme!“ wäre eine glaubwürdige Profilierung der Politik gegen Bildungsarmut in Deutschland nicht möglich gewesen. Selbst die aktuelle Verzehrstudie, die den Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und niedrigem Bildungsstand feststellt, belegt, dass das Projekt „Deutschland verdumme!“ bislang äußerst erfolgreich gewesen ist. Unternehmen und private Sendeanstalten haben ihren Profit reichlich eingefahren. Nun, nach 25 Jahren, kann endlich auch die Politik die Früchte ernten. Sie gefällt sich in der Rolle des Retters in der Not, propagiert Bildung und Aufklärung. Und so sind auch schon die öffentlich-rechtlichen Sender unterwandert von Shows und Quizsendungen, die Wissen für Bildung verkaufen.
Nur noch wenige werden sich an die Zeit erinnern, als das Testbild den Sendeschluss anzeigte und ein durchdringender Piepton einen aufweckte, die Kiste auszustellen und ins Bett zu gehen. Um dann von einem noch zu schreibenden Wörterbuch zu träumen, in dem sich unter dem Eintrag „Sendeschluss“ die Erklärung „neudeutsch für Erlösung“, findet.

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Mit freundlichen Grüßen,
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