Petting und andere Kleinigkeiten
Waren das noch Zeiten, als die englische Sprache uns bei den ersten Hormonschüben der Pubertät beistand. Schmusen oder Fummeln waren eindeutig out: Petting war angesagt. Mittlerweile hat die inflationäre Verbreitung englischer Vokabeln dazu geführt, dass es für zahlreiche Worte überhaupt kein deutsches Äquivalent mehr gibt. Das mag man bedauern oder nicht.
Häuslicher Zielflug
Auf die jüngste, nicht gerade einfallsreiche Übernahme einer englischen Vokabel stieß ich auf der Internationalen Möbelmesse in Köln. Der Trend dieses Jahres, so Veranstalter und Aussteller optimistisch, sei das sogenannte „Homing". „Homing“ das kling ähnlich gequält wie „Fresh-Air-Snapping“. Tatsächlich jedoch stammt der Begriff „homing“ aus der Luftfahrt und meint nichts anderes, als den Zielflug eines Flugzeugs.
Doch Marketingstrategen sind ja bekanntlich besonders kreativ und schmerzfrei, wenn es um die Vermeidung, um nicht zu sagen: die Vernichtung der deutschen Sprache geht. Und so erklärte mir eine junge Frau, - höchstens zwanzig mag sie gewesen sein, was sie jedoch nicht daran gehindert hatte, eine dermaßen üppige Make-up-Schicht aufzulegen, dass man lange hätte kratzen müssen, um auf ihre Haut zu stoßen – sie erklärte mir also auf Nachfrage, dass „Homing“ eine Lebensart beschreibe, bei der das eigene Zuhause zum sozialen Lebensmittelpunkt werde. Dann zupfte sie etwas affektiert am Revers ihres grünen Kostüms und sah mich erwartungsvoll an.
Vokabeln des Scheiterns?
Ach, so! Früher hieß das einfach „wohnen“. Aber wir kaufen ja auch nicht mehr ein, sondern gehen shoppen, wir besuchen keine Veranstaltungen mehr, sondern Events; im Büro sitzen wir beim Meeting und nach der Arbeit geht’s zur After-Work-Party in stylisher Garderobe oder ins Wellness-Studio. Selbst beim Fluchen muss es heute etwas cooler klingen: Bewährte sich das anschaulich-abstoßende Wort „Scheiße“ über Generationen hinweg als Ausdruck zornigen Scheiterns, so ist es in den letzten Jahren zunehmend der zwar unmissverständlichen, aber weniger treffenden Vokabel „Fuck“ gewichen.
Doch statt den Verlust sprachlicher Kreativität zu beklagen, sollten wir uns mehr über die wahren Bereicherungen aus dem amerikanischen Sprachraum freuen. „Couch-Potato“ etwa gehört dazu. Der „Couch-Potato“ ist Ausdruck einer kulturellen Entwicklung, in der der Stubenhocker ziemlich alt, um nicht zu sagen: antiquiert aussieht. Wobei wir also wieder beim Zuhause als dem sozialen Lebensmittelpunkt sind - mit Chips und Fernbedienung.
Dieser Beitrag erscheint, ebenso wie weitere "Lesezeichen", bei Rhein-Onliner, dem Magazin für eine bessere Welt.
Häuslicher Zielflug
Auf die jüngste, nicht gerade einfallsreiche Übernahme einer englischen Vokabel stieß ich auf der Internationalen Möbelmesse in Köln. Der Trend dieses Jahres, so Veranstalter und Aussteller optimistisch, sei das sogenannte „Homing". „Homing“ das kling ähnlich gequält wie „Fresh-Air-Snapping“. Tatsächlich jedoch stammt der Begriff „homing“ aus der Luftfahrt und meint nichts anderes, als den Zielflug eines Flugzeugs.
Doch Marketingstrategen sind ja bekanntlich besonders kreativ und schmerzfrei, wenn es um die Vermeidung, um nicht zu sagen: die Vernichtung der deutschen Sprache geht. Und so erklärte mir eine junge Frau, - höchstens zwanzig mag sie gewesen sein, was sie jedoch nicht daran gehindert hatte, eine dermaßen üppige Make-up-Schicht aufzulegen, dass man lange hätte kratzen müssen, um auf ihre Haut zu stoßen – sie erklärte mir also auf Nachfrage, dass „Homing“ eine Lebensart beschreibe, bei der das eigene Zuhause zum sozialen Lebensmittelpunkt werde. Dann zupfte sie etwas affektiert am Revers ihres grünen Kostüms und sah mich erwartungsvoll an.
Vokabeln des Scheiterns?
Ach, so! Früher hieß das einfach „wohnen“. Aber wir kaufen ja auch nicht mehr ein, sondern gehen shoppen, wir besuchen keine Veranstaltungen mehr, sondern Events; im Büro sitzen wir beim Meeting und nach der Arbeit geht’s zur After-Work-Party in stylisher Garderobe oder ins Wellness-Studio. Selbst beim Fluchen muss es heute etwas cooler klingen: Bewährte sich das anschaulich-abstoßende Wort „Scheiße“ über Generationen hinweg als Ausdruck zornigen Scheiterns, so ist es in den letzten Jahren zunehmend der zwar unmissverständlichen, aber weniger treffenden Vokabel „Fuck“ gewichen.
Doch statt den Verlust sprachlicher Kreativität zu beklagen, sollten wir uns mehr über die wahren Bereicherungen aus dem amerikanischen Sprachraum freuen. „Couch-Potato“ etwa gehört dazu. Der „Couch-Potato“ ist Ausdruck einer kulturellen Entwicklung, in der der Stubenhocker ziemlich alt, um nicht zu sagen: antiquiert aussieht. Wobei wir also wieder beim Zuhause als dem sozialen Lebensmittelpunkt sind - mit Chips und Fernbedienung.
Dieser Beitrag erscheint, ebenso wie weitere "Lesezeichen", bei Rhein-Onliner, dem Magazin für eine bessere Welt.
colonna - 4. Feb, 10:13